Aichas Geschichte

Aicha war drei Monate alt, als ihren Eltern auffiel, dass sie sich etwas sonderbar verhielt. Sie schien wie abwesend und in einer eigenen Welt. Zunächst konnte niemand erkennen, dass sie allmählich erblindete. Und es dauerte nicht lange, bis die Eltern die Hoffnung auf ein normales Leben verloren.

Jeden Morgen ging Fatmata mit Aicha auf den Markt, um Orangen zu verkaufen. Dabei hing die Kleine nur an ihrem Rockzipfel. Im bunten Trubel der Farben blieb Aichas Welt blass. Im ohrenbetäubenden Lärm schien die Mama ihr einziger Halt in der Dunkelheit.

Über zwei Jahre lang wagte Aicha sich nicht aus dem unmittelbaren Umkreis ihrer Mama heraus. Der Grund waren ihre Augen, die sich weigerten, ihr den Alltag zu erleichtern. Und Fatmata wollte nichts riskieren. Sie wusste, dass manche Leute ihre Tochter nur zu gern als „kleine Hexe“ bezeichneten. Es herrschten so viele falsche Vorstellungen und viele waren überzeugt, dass ihre Familie unter einem besonderen Fluch stand.

Fatmata und ihr Mann Mohamed wagten jedoch den Schritt und brachten ihre Tochter zu einer Voruntersuchung zu Mercy Ships. Bei der Vorstellung, ihre Tochter fremden Leuten anzuvertrauen, die von weither gekommen waren, waren sie sehr nervös. Doch während sie warteten, dass sie an die Reihe kamen, konnten sie unglaubliche Szenen beobachten: Blinde, die bereits operiert worden waren, warteten auf ihr Wunder.

Jedes Mal, wenn ein Verband abgenommen wurde, war der Jubel gross. Das machte Mohamed und Fatmata Mut und ein kleiner Hoffnungsschimmer kam in ihre Dunkelheit.

Bei der Untersuchung war zunächst nicht klar, ob unsere Spezialisten Aicha helfen konnten. Da der Katarakt sehr früh aufgetreten war, hatten sie Bedenken, dass die Sehkraft sich nicht dem Alter entsprechend weiterentwickelt hatte und der Prozess hin zur Erblindung damit unaufhaltsam war. Doch ein kleiner Test brachte Klarheit. Mit einer kleinen Taschenlampe leuchtete eine Pflegende direkt in Aichas Augen – und die Kleine reagierte mit einem breiten Lächeln. Ihre Sehkraft funktionierte also noch, und mit grosser Freude konnte die Schwester den Eltern mitteilen, dass eine Operation geplant werden könne.

Am Tag nach dem Eingriff standen rund ein Dutzend Mitarbeiter bei Fatmata, um den bewegenden Moment mitzuerleben. Aichas Hände waren fest umwickelt worden, damit sie die Verbände nicht abreissen konnte. Doch nun kam die Stunde der Wahrheit! Der Chirurg nahm vorsichtig die Verbände ab und alle hielten den Atem an. Aicha zwinkerte und sah sich um. Sie schien erstaunt über die vielen Leute, aber es bestand kein Zweifel – sie sah!

Voll Begeisterung, dass sie so im Mittelpunkt stand, schnappte sie sich ein kleines rotes Auto und begann vor den hingerissenen Mitarbeitern ihre Runden zu drehen. Doch als sie Fatmatas Stimme hörte, flüchtete sie zwischen ihre Beine. Ein paar Augenblicke später schaute sie hoch und sah zum ersten Mal das Gesicht ihrer Mama. Nun kannte die Freude keine Grenzen mehr!

Eine Woche nach der Operation stehen Fatmata und Aicha wieder auf dem Markt. Doch jetzt bleibt die Kleine nicht mehr am Stand, denn es gibt ja so viel zu entdecken. Die schönen Orangen ihrer Mama gefallen ihr besonders gut und die Leute wollen ihren Augen nicht trauen: „Das ist ja Zauberei!“ Aber Fatmata weiss, dass alles, was früher gesagt wurde, falsch war, und erwidert ohne Scheu: „Nein, das ist keine Zauberei! Sie war krank und jetzt ist sie geheilt!“

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Guinea

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