„Meine Einsätze mit Mercy Ships waren jedes Mal eine aussergewöhnliche Erfahrung, sowohl medizinisch als auch menschlich.“

Dr. Didier-David Malis, Kiefer und Gesichtschirurg aus Genf, ist einer der Chirurgen, die bei der Operation von Lucy an Bord der Global Mercy dabei waren. Wir haben ihn gleich vor unser Mikrofon geholt.

Dr. Malis, wie haben Sie von Mercy Ships gehört?

An einem Informationsstand bei einem Medizinkongress. Auch einige Kollegen hatten mir schon von ihren Erfahrungen an Bord erzählt, alle sehr positiv.

Was hat Sie veranlasst, sich zu bewerben?

Der Wunsch, eine humanitäre Organisation kennenzulernen, die gut organisiert ist und effizient arbeitet. Ebenso bedürftigen Menschen helfen zu können und als Chirurg Erfahrungen in einem Kontext zu machen, der sich sowohl kulturell als auch sozial und wirtschaftlich komplett von meinem Alltag unterscheidet. Bei Ihrem letzten Aufenthalt an Bord haben Sie gemeinsam mit zwei anderen Kiefer- und Gesichtschirurgen Lucy operiert, unsere Patientin des Monats.

Warum waren für die Operation drei Ärzte nötig?

Jeder Chirurg hat einen anderen Berufsweg hinter sich, einen anderen Hintergrund, und bringt seine persönliche Erfahrung mit. Ausserdem kann man so gewisse Arbeitsschritte gleichzeitig vornehmen: Ein Arzt kann zum Beispiel an der Hüfte Gewebe entnehmen, während die beiden anderen am Gesicht weiterarbeiten. Sechs kleine Hände sind immer besser als nur zwei! Lucy hatte ursprünglich nur ganz banale Zahnschmerzen.

Was ist passiert, dass eine so komplizierte Operation notwendig wurde?

Durch die Schwellung, die anfänglich nur klein war, verloren andere Zähne den Halt und fingen an zu wackeln. Die Verletzung, die eigentlich gutartig war, aber sehr aggressiv, breitete sich aus und befiel benachbarte Gesichtsteile: Nerven, Knochen, Nase, Nebenhöhlen und die Augenhöhlen.

Können Sie uns ein bisschen schildern, was bei der Operation passierte?

Ziel des Eingriffs war es, die Geschwulst vollständig zu entfernen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Da solche Wucherungen oft nicht scharf abgrenzbar sind, mussten wir zur Sicherheit einen grösseren Bereich entfernen. Dank dem an Bord vorhandenen CT-Gerät konnten wir dreidimensionale Aufnahmen erstellen, die uns bei der Analyse geholfen haben. Nachdem die Geschwulst entfernt war, konnten wir mit der Rekonstruktion beginnen. Dafür wird im Prinzip körpereigenes Gewebe verwendet und mit Titanplatten stabilisiert. Die unterschiedlichen Gewebe werden lokal entnommen – Knochen und Schläfenmuskel etwa von der Schläfenregion. Andere Knochenteile, Hauttransplantate oder Fett beispielsweise aus dem Beckenbereich. Die Entnahmestellen werden dann mit Nähten oder Klammern verschlossen und mit Verbänden geschützt.

Was wäre passiert, wenn Lucy nicht operiert worden wäre?

Der Tumor hätte sich entzündet, es wäre zu Knochenbrüchen gekommen, fortschreitendem Sehverlust und einer Behinderung der Atemwege. Die Patientin wäre schliesslich erstickt. Ein Tod, den man niemandem wünscht!

Wie sehen Sie die Arbeit an Bord im Vergleich zu Ihrer Arbeit in Genf?

Die technischen, diagnostischen und chirurgischen Voraussetzungen an Bord sind ideal und absolut vergleichbar mit unseren Operationssälen in der Schweiz.

Und mit Blick auf die Patienten, die Sie operieren?

Die Krankheiten sind dieselben. Allerdings sind sie in diesen Ländern, in denen es in manchen Gebieten so gut wie keine Diagnose oder Behandlungsmöglichkeiten gibt, meistens viel weiter fortgeschritten.

Ein Wort zum Schluss?

Meine Einsätze mit Mercy Ships sind jedes Mal ein ganz besonderes Erlebnis, medizinisch ebenso wie menschlich. Es ist wirklich einzigartig, seine chirurgischen Fähigkeiten dort einbringen zu können, wo es sonst niemanden gibt, und das in einem Umfeld, das auf der Höhe der Technik ist und in dem auch zwischenmenschlich alles stimmt.

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Jessica Morey
Jessica Morey
Recruitment for the Africa Mercy and the Global Mercy

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